Das Rad haben Tommaso Battista, Simone Luciani und Antonio de Luca (Feuerland) zwar nicht neu erfunden – aber irgendwie halt eben doch. Nein, kein Rondell! Der famose Baumaschinen-Blockiermechanismus in Wasserkraft bringt die Energieproduzenten dennoch so richtig zum Rotieren. Ansonsten bietet das Arbeitereinsatz-Spiel einerseits viel Bekanntes, überrascht aber andererseits genre-untypisch mit überraschend intensiven Frontalkollisionen.
Oft beschränken sich Interaktionen in Arbeiter-Spielen nämlich darauf, sich gegenseitig die Aktionsfelder wegzuschnappen. „Wenn ich auf meinem Bauernhof Fische anpflanze, darfst Du das auf Deinem nicht mehr tun!“. Alles klar? Spielmechanisch macht das vielleicht Sinn, thematisch ist es beim besten Willen nicht. Würde Wasserkraft ebenfalls auf dieser Welle reiten, wäre es bei den MUWINS untergegangen. Nun wäre es übertrieben zu behaupten, dass man völlig auf diesen künstlichen Konflikterzeuger verzichtet hat, aber er geht neben der hammerharten Interaktion in Form von der Errichtung von Dämmen, Rohrwerken und Turbinen am (für die Gegner) dümmsten Ort unter und verkommt glücklicherweise zum eher unauffälligen Rinnsal.
Aber von vorne: Wir verkörpern Energieproduzenten aus vier Nationen (ja, natürlich mit spezifischen Eigenschaften) in einer alternativen Historie, befinden uns in den französischen Alpen und haben uns aus unerfindlichen Gründen in den Kopf gesetzt, in dieser knochentrockenen Gegend (schliesslich sind wir nicht in Holland) Energie per Wasserkraft zu erzeugen. Dank schmelzenden Gletschern können wir immerhin abschätzen, welcher „Fluss“ in Zukunft – nämlich den kommenden 5 Runden – wie viel Wasser führen wird. Aber mal ehrlich: Die paar Tropfen sprechen nicht für eine allzu lukrative Zukunft. Glücklicherweise können wir’s selber auch noch ab und zu regnen lassen.

Immerhin stehen da schon ein paar (neutrale) Mauern in der Gegend herum, vor denen sich die eingangs angepflanzten Fische in armseligen Tümpeln drängen. Grössere Energieprojekte lassen sich damit allerdings nicht verwirklichen. Genau genommen gar keine, denn um tatsächlich Energie zu produzieren, reicht so ein Mäuerchen hinten und vorne nicht. Stattdessen müssen wir Wasser von einer eigenen (oder neutralen) Staumauer über ein beliebiges Rohrwerk zu einer eigenen Turbine befördern. Je nach Wassermenge und Produktionswert des Rohrwerks wird dabei mehr oder weniger Energie produziert, mit der wir wiederum lukrative Verträge erfüllen, Zwischenwertungen bestreiten, Punkte ergattern.

Jajaja, Punkte. Die gibts hier für alles Mögliche und Unmögliche, und eigentlich wäre das Spiel deshalb mindestens an der Schwelle zu „nicht so wirklich unseres“ – wenn da nicht dieses famose Rad und die frontalen Kollisionen wären, die sich gern mal wie Bauchklatscher aus rund 10m Höhe anfühlen. Denn mittels geschickt platzierten Bauten lässt sich die liebe Konkurrenz so richtig ärgern – und das schaffen wir sogar, obwohl es uns selber eigentlich an allem Möglichen mangelt.
Neben etwas Kleingeld verfügen wir zu Beginn lediglich über einen mittelgrossen Maschinenpark aus Bohrern und Betonmischern. In Abhängigkeit der Lage eines Bauprojekts bezahlen wir dessen Umsetzung mit Maschinen. Da es sich nicht um Wegwerf-Bohrer und Einweg-Betonmischer handelt, „bezahlen“ wird den Bau allerdings nicht durch das Abwerfen der entsprechenden Ressourcen, sondern platzieren sie lediglich auf unserem persönlichen Rad (zusammen mit einem passenden Bauprojektplättchen). Obwohl das Bauprojekt sofort fertiggestellt wird, haben wir vorerst auf die eingesetzten Maschinen keinen Zugriff mehr, und zwar so lange, bis diese eine Runde auf dem Rad gefahren sind. Ein kleines Detail: Das Rad verfügt über 6 Abschnitte, wir aber nur über 5 (im sehr zu empfehlenden Fortgeschrittenen-Spiel sogar nur 4) Bauprojektplättchen. Glaubt es mir: In Wasserkraft ist kaum etwas begehrter, als am Rad zu drehen.

Entsprechende Gelegenheiten findet man zwar an diversen Stellen im Spiel, dennoch sind die Geräte natürlich immer dann gerade nicht verfügbar, wenn man sie eigentlich unbedingt benötigen würde, um zu verhindern, dass einem die Konkurrenz durch den Bau einer neuen Pracht-Staumauer im wahrsten Sinn das Wasser abgräbt.
Schon Konfuzius sagte: Wer flussaufwärts baut, turbiniert besser! Wenn sich das wertvolle Nass irgendwo weit oben im Gebirge staut, meine eigenen Staumauern in der Ebene hingegen vor Trockenheit Risse kriegen, dann ist Verzweiflung angesagt. Oder der Gang zum Regenmacher, mit der Absicht, so viel Niederschlag zu generieren, dass die oberen Mauern die Menge nicht mehr fassen können, überlaufen und auch das Tal etwas abkriegt. Oder… man errichtet kurzerhand eine neue Mauer noch weiter oben, was allerdings auch mehr Maschinen, eventuell sogar Flüssiges in Form von Bargeld erfordert. Aber wisst ihr, wo die Maschinen natürlich gerade stecken? Jep – auf dem Rad.

So oder so lohnt es sich, die potentiellen, vorgegebenen Rohrverläufe genau zu studieren. Eine Stärke der Energieproduktion durch Wasserkraft besteht darin, dass das energieproduzierende Medium nicht verschwindet, sondern sich mehrfach nutzen lässt. Wenn es einem Produzenten durch geschicktes Bauen gelingt, selber gleich mehrfach vom selben Tropfen zu profitieren, dann ist das ein erster Schritt zum Erfolg – aber natürlich noch nicht die halbe Miete. Nicht zuletzt sollte sich die eigene Strategie nämlich auch an den Nationen mit ihren jeweiligen Sondereigenschaften und den Chefingenieuren mit weiteren Spezialfähigkeiten orientieren.

Und dann sind da noch die Verträge, das Patentamt, der Baumaschinen-Händler, die Bank, die unerbittliche Energieleiste, haufenweise frei zu schaltende Boni, Ingenieure mit noch mehr Sondereigenschaften… Zu viel, meint ihr? Man könnte es fast meinen, würden die einzelnen Rädchen (höhö) nicht so perfekt ineinander greifen. Wasserkraft spielt sich trotz ausufernder Auslage überraschend flüssig (nochmal höhö) und überzeugt auf ganzer Linie – vielleicht mit der einzigen Einschränkung, dass einige sehr starke Kombinationen aus Nationen und Ingenieuren gesichtet worden sein sollen!

Etwas fehlt allerdings wirklich, das den durchschnittlichen Arbeitereinsetzer vor den Kopf stossen wird: Es lassen sich keine zusätzlichen Arbeiter einstellen! Der Standard-Zug „och, ich hol mir mal ’nen Angestellten“ zieht hier also nicht! Er wird allerdings mehr als ersetzt durch das viel raffiniertere Maschinen-Management. Wer damit zurecht kommt, geschickt staut, rohrwerkt und turbiniert und dazu seine 12-köpfige Belegschaft Runde für Runde optimal beschäftigt, hat gute Karten – und glaubt mir: Der eine oder andere von den Jungs sollte ab und zu einfach mal am Rad drehen…
Hi,
folgende Redewendungen fehlen mir in der Rezension:
Steter Tropfen hölt den Stein
Wasser marsch
Nur tote Fische schwimmen mit der Strömung
Kochen auch nur mit Wassser
Stille Wasser sind tief
Mit allen Wassern gewaschen
Vom Regen in die Traufe
Nah am Wasser gebaut
Grüße,
axelsohn
Wie kommst du nur auf die völlig absurde Idee, dass ich es darauf angelegt haben könnte, absichtlich wasserhaltige Redewendungen einzubauen? Sowas verwässert doch die ganze Rezi!
„Willkommen zurück!“ ist man schon fast versucht zu sagen. Aber allenfalls ist das überflüssig, weil Ihr nur kurzfristig untergetaucht und gar nicht wirklich von allfälligem Motivationsmangel überflutet wurdet. 🙂
Du hast völlig recht. Wir kamen ja auch nur ein wenig ins Schwimmen, weil unsere Grossevents alle ins Wasser fielen!