Bunny Kingdom – Dichtestress im Hasenparadies

Aufgepasst, liebe Leser. Was als niedlich ausschauendes Familienspiel daherkommt, endet in kürzester Zeit mit Überbevölkerung auf eurem Spieltisch.

Bunnykingdom
Lasst die Hasen nur kurz machen, was sie wirklich wollen, das endet rasch mit übelstem Dichtestress in unserer beschaulichen Welt.

Schuld an dem Treiben sind aber nicht die flauschigen Nager, sondern wir Spielerinnen und Spieler. In Bunny Kingdom versuchen wir, möglichst wertvolle Lehen, das sind zusammenhängende Gebiete, zu bauen, um in der Endabrechnung punktemässig an der Spitze der hasischen Gesellschaft zu stehen. Dafür schicken wir unsere Tierchen los, um Gebiete zu besetzen und werten diese mit Städten, Farmen und sonstigen Güterproduktionsgebäuden auf.

Den Bärenanteil der Punkte ergibt die Summe aus Anzahl verschiedener Güter mal Anzahl Türme in einem Lehen. Güter können von Anfang an im Gebiet vorhanden sein oder per Gebäude hinzugefügt werden, während Türme durch das Errichten von Städten ins Spiel kommen.

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Das Lehen von Rosa wäre 6 Punkte wert: 2 (Rohstoffe: Holz und Karotten) mal 3 (Türme). Schwarz hat zwar auch zwei Rohstoffe (Karotten und Diamanten), aber leider nur einen Turm: 2 x 1 = 2

Motor der Haseninvasion sind die Karten. Zehn davon hat jeder Spieler zu Beginn einer Runde auf der Hand. Am Tisch wählen nun alle zwei Karten aus und drehen sie gleichzeitig um. Karten mit den Koordinaten eines der 100 Felder auf dem Spielplan erlauben den Spielern, das Gebiet sofort mit einem Hasen zu besetzten. Gebäudekarten lassen Gebäude errichten. Das können die schon erwähnten Städte mit neuen Türmen sein, Güterproduktionsstädten oder die Karten bringen dem Spieler sonstige Vorteile. Die letzte Kartensorte, die Pergamente, werden erst bei Spielende aufgedeckt und setzen Bonuspunkte für alles Mögliche ab.

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Die meisten Karten führen zur Kontrolle einer Parzelle (hier F9), andere bringen am Ende Punkte (Umhang des Königs) oder lassen uns eine Stadt oder ein Rohstoffgebäude errichten.

Nachdem alle Spieler ihre beiden Karten ausgeführt haben, geben sie ihre verbleibenden Handkarten an den nächsten Spieler weiter und wählen aus den neu erhaltenen wieder zwei aus. Das wird fünf mal durchgeführt, dann sollten alle Karten einer Runde verbraucht sein. Jetzt folgt eine Wertungsrunde (Erntephase). Das bedeutet, dass die Lehen aller Hasenfamilien gewertet werden. Nach vier solchen Runden folgt die Endabrechnung und irgendjemand am Tisch wird nun wohl punktemässig das Stupsnäschen vorne haben und gewinnen.

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Unter Hasen sind diese… äh… Türme…. wohl sehr angesehen…

Das Gute gleich vorneweg: Bunny Kingdom spielt sich sehr zügig und man hat während des Spiels wenig Wartezeiten. Da viele Aktionen gleichzeitig abgehandelt werden, sind alle am Tisch beschäftigt. Das geht aber andererseits auf Kosten der Übersicht. Welche Karten meine Gegner auswählen und was sie im Moment beabsichtigen, wird nur am Rande mitverfolgt. Man könnte sich wohl auch mehr Zeit nehmen und seine Gegner im Auge behalten. Tun das aber alle, ist der flotte Rhythmus des Spiels dahin. Die Auswahl der Karten dauert dann schnell doppelt so lange.

Als zusätzliche Bremse wirkt das Spielbrett, das innert Kürze extrem zugestellt wirkt. Will ich die Punkte, die ich für eine Karte erhalte, berechnen oder einfach schnell mal schauen, ob der Spieler nach mir auf eine bestimmte Karte wartet, muss ich mich in diesem Gewusel von Hasen, Türmen und Plättchen irgendwie zurechtfinden. Könnte diese Schwäche des Spiels mit zunehmender Erfahrung der Spieler immer weniger ins Gewicht fallen, sehe ich hingegen für den nächsten Kritikpunkt keine Lösung:

Hat sich ein Spieler schon früh im Spiel ein wertvolles Lehen zusammengesammelt, gibt es nicht viel, was die Gegner dagegen machen können. Der Glückliche darf dann bei jeder Wertungsrunde den Punkteabstand ausbauen und die Gegenspieler haben das Nachsehen. Wir MUWINS haben kein grundsätzliches Problem mit Spielen, die keinen Aufholmechanismus bieten. Aber bei Bunny Kingdom kann eine von den Karten her „glückliche“ erste Runde einem Spieler einen entscheidenden Vorteil verschaffen.

Wieso Glück, wenn es doch ein Spiel mit „Drafting“ ist, fragt ihr euch? Nun ja, Welche Landschaftsfelder überhaupt im Spiel sind, weiss man leider erst, wenn alle Karten einmal zirkuliert sind, und da ist es vielleicht schon zu spät und man hat auf die falsche Zone auf dem Spielplan gesetzt. Bunny Kingdom schafft es, in ein Draftsystem, das eigentlich Kartenglück ausgleichen sollte, umgehend wieder Kartenglück beizumischen. Das kann man als spieldesignerische Meisterleistung ansehen… muss man aber nicht.

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Die jungfräuliche Hasenwelt bei Spielbeginn.

Zudem sind einige Karten so wertvoll (3er Städte, seltene Ressourcen), dass sie einfach ohne nachzudenken gewählt werden müssen, wenn diese in unseren gierigen Pfoten auftauchen. Pech, wenn in der gleichen Kartenhand für den Spieler noch weitere wichtige Gebietskarten drin wären. Die einzigen spannenden Karten sind die „Lager“, welche einem erlauben, beliebige freie Gebiete mit eigenen Hasen zu besetzten. Immer mit dem Risiko, dass später die passende Gebietskarte erscheint und jemand einem das Landstück wieder wegnimmt. Mehr solche „interaktiven“ Karten hätten dem Spiel gut getan. In der vorliegenden Form ist es aber ein weiteres Punkterennen mit wenig Interaktion, welches uns nicht wirklich hinter der Karotte hervorgelockt hat.

Für erfahrene Spielerinnen und Spieler bietet Bunny Kingdom meiner Meinung nach nicht wirklich viel. Vielleicht passt das Konzept für Familien, aber da hege ich den Verdacht, dass der Spielplan und die Rechnerei unübersichtlich und spasshemmend  wirken.

Was halten andere Bunny-Halter vom Spiel? (höhöhö)

Yves: Das Hasentreiben ist so was von unübersichtlich. Jeder mit jedem und überall… Aber doch alleine. Versteht ihr mich? Egal! Ich entwickle solo meine Region, schaue kaum auf meine Gegenspieler. Am Schluss erhalte ich Punkte. Damit die Unausgewogenheit der Karten irgendwie ausgeglichen wird, gibt es noch einen Draft-Mechanismus. Alles war schon mal da, alles gibt es besser. Ich sträube mich nicht gegen eine weitere Partie, schlage es sehr wahrscheinlich jedoch nie vor.

Vielen Dank an iello für das Rezensionsexemplar!

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