Guten Tag der Herr, darf ich Ihnen heute unser Zombie-Spezial empfehlen, das… wie bitte? Sie hatten gerade erst Zombie? Kein Problem, der Herr, dann hätten wir heute eingetroffene, frische Mutanten im Angebot oder, wenn Sie’s exotischer mögen, vielleicht eine Portion Aliens? Aaaaah, die Roboter haben’s Ihnen angetan – ich sehe, ein Feinschmecker. Kommt sogleich, der Herr…
Diese Restaurantszene ist alles andere als aus der Luft gegriffen, denn was uns im kooperativen Spiel Maximum Apocalypse von Mike Gnade (Rock Manor Games) ausser der (maximalen) Apokalypse sonst noch antreibt, ist in erster Linie und immer wieder der Hunger! Dabei kommt das Spiel ohne Umschweife zur Sache: Wir wählen eines der (inklusive Tutorial) dreizehn Szenarien, das uns neben dem Spielziel die zu verwendenden Geländeteile und Fundgegenstände nennt, bauen das Spielfeld (meist) in beliebiger Form auf, wählen unsere Charaktere und Gegner, und los geht’s.

Gegner? Nun ja – Gegnertypen. Jedes Szenario schlägt eine thematisch passende Unholdgattung vor, die möglicherweise intendierte Zombieapokalypse lässt sich jedoch auf Wunsch problemlos auch zu einem (erfolgreichen) Roboteraufstand oder einer Alieninvasion umfunktionieren, indem man einfach das entsprechende Gegnerdeck verwendet. In jedem Fall bewegen wir uns durch die Trümmer der Zivilisation in einer von Monstern verseuchten Landschaft. Oder besser einer zunehmend noch zu verseuchenden, denn erst einmal liegen alle Geländeplättchen – bis auf unser Startgebiet – verdeckt und monsterlos aus. Das kann sich rasch ändern, denn gleich zu Beginn jedes Zuges prüfen wir per Würfelwurf, ob auf offen liegenden Plättchen neue Monster erscheinen, was mittels Monstermarker festgehalten wird. Ausserdem beginnen die meisten Szenarien damit, dass jedem unserer Helden bereits ein zufällig gezogenes Vieh im Nacken sitzt, also in Form einer Monsterkarte offen vor der Charakterkarte ausliegt. Kümmert man sich im Verlauf des eigenen Zuges nicht darum (oder hilft uns vorher kein hinreichend schiess- oder hauaffiner Kollege), werden wir anschliessend gemäss Stärkeangabe angeknabbert.

Sich um diese Gegner angemessen zu kümmern, ist nicht immer ganz trivial, denn in Abhängigkeit unseres gewählten Charakters verfügen wir über ein individuelles Kartendeck, durch das uns sehr unterschiedliche Aktionen zu Verfügung stehen. Der „Gunslinger“ ist beispielsweise von Anfang an mit einem geladenen Revolver ausgestattet und ballert entsprechend freudig durch die Umwelt, während der Feuerwehrmann seine wahrlich schlagkräftige Axt in dem ganzen Apokalypsegerümpel zunächst einmal finden muss. Allerdings: Mit ein wenig Glück liegt sie bereits in Reichweite, denn wir beginnen die Partie mit immerhin vier Handkarten. In jedem Zug ziehen wir eine weitere von unserem Stapel, zusätzlich dürfen wir Aktionen verwenden, um noch tiefer in unserem Deck zu graben. Das sollte man allerdings nur dann tun, wenn’s wirklich wichtig ist, denn erstens haben wir ein Handkartenlimit einzuhalten, und zweitens stehen uns lediglich vier Aktionen pro Zug zu Verfügung, und das ist nicht viel (und drittens sind wir tot, wenn wir keine Karten mehr nachziehen können). Mit diesen vier Aktionen müssen wir ausserdem die Umgebung erforschen, uns gegen Monster zur Wehr setzen, im Gelände nach brauchbaren Gegenständen suchen, Essbares herbeischaffen und nebenher die geforderten Aufgaben erfüllen.

Eine orthogonale Bewegung frisst eine Aktion, das Ausspielen von Karten ebenso, und die Verwendung bereits ausliegender Karten auch gleich nochmal. Bei den Karten gilt es, einmalige Aktionen von permanenten Ausrüstungsgegenständen zu unterscheiden. Letztere zeichnen sich auch durch ihr Gewicht aus – was natürlich bedeutet, dass unsere Tragfähigkeit begrenzt ist. Sitzen wir in farblich markiertem Gelände, dürfen wir dort nach Nützlichem suchen (ja, das kostet eine Aktion) indem man einfach eine Karte vom Stapel der entsprechenden Farbe zieht – was zur Folge hat, dass man thematisch passende Gegenstände (oder auch mal einen überraschend hinter einer Blumenvase hervor hüpfenden Untoten) finden kann. Und schliesslich darf man seinen Kollegen auch gefundene Gegenstände zuschanzen, sofern sie sich am gleichen Ort befinden.
Nehmen wir das Tutorial: Unsere Gruppe beginnt im genretypischen Supermarkt. Wir sollen vier Kanister Benzin beschaffen und damit zum Kleinbus sprinten, wobei uns Zombiehorden zunehmend das Leben schwer machen. Natürlich müssen wir zunächst einmal die nähere Umgebung erkunden (denn wir sind offensichtlich neu hier) und herausfinden, wo wir überhaupt mit herumliegenden Benzinkanistern rechnen dürfen – wie beispielsweise bei einer Tankstelle. Falls wir eine mit Spürsinn gesegnete Jägerin in der Gruppe haben, fällt uns das Erkunden besonders leicht, ansonsten stapfen wir mehr oder weniger blind ins unbekannte Terräng und damit auch mal Untoten oder Banditen in die Arme. Nach und nach tauchen aber auch auf bereits bekannten Geländeteilen mehr und mehr Monster auf und erschweren zunehmend das Manövrieren. Sind wir allein unterwegs, haben wir beim Betreten einer monsterverseuchten Lokalität immerhin die Chance, unbemerkt zu bleiben. Befinden wir uns hingegen bereits in röchelnder Gesellschaft, ziehen wir automatisch für jeden anwesenden Monstermarker eine monsterhafte Monsterkarte, die sich zu unserer zunehmend monströsen Reisegruppe gesellt und demonst(e)rativ vor uns ausgelegt wird.

Nach absolviertem Tagewerk (und allenfalls Verwundungen durch noch „lebende“ Gegner im Schlepptau) legen wir uns zur Ruhe – und lassen wie erwähnt den Magen rumpeln, indem wir unseren Hungerwürfel um eine Stufe erhöhen. Erreicht er Stufe „6“, verlieren wir unsere Sonderfähigkeit und erleiden zusätzlichen, immer massiveren körperlichen Schaden. Neben den szenarienspezifischen Anforderungen bleibt also auch die Suche nach Essbarem ein stetig präsentes Thema.

Ja, Zombies sind nicht mit ausgeprägter Jadgintelligenz gesegnet. Insgesamt darf man konstatieren, dass wir als Überlebende der Apokalypse doch recht gut in Schuss sind, sprich: Wir metzeln uns als Rambos (mit Bandwurm) üblicherweise durch die Zombiehorden der ersten Szenarien, ohne dabei nennenswert unter Druck zu kommen. Problematisch wird es allenfalls, wenn die Landschaft mit zunehmend Monstertokens gefüllt wird, denn wie man weiss, gilt bei Zombies Masse vor Klasse. Nur sind zu diesem Zeitpunkt diese ersten Szenarien meist bereits (nahezu) geschafft und folglich relativ leicht zu erfüllen. Erfreulicherweise funktionieren die verschiedenen Monstertypen aber sehr unterschiedlich und führen neue Mechanismen ein. So werden wir etwa durch den Kontakt mit mutierten Ratten verseucht und verlieren nun Runde für Runde Lebensenergie. Aliens und Roboter… aber Schluss mit spoilern, schliesslich sollt ihr die Viecher selber entdecken – was im Übrigen auch für die zunehmend komplexeren Aufgaben späterer Szenarien gilt!

Eine weitere Möglichkeit zum Schwierigkeits-Feintuning ergibt sich aus der Form des Spielfelds. Feiglinge nehmen sich amerikanische Schachbrettstädte zum Vorbild und bauen quadratische Klopse, bei denen alles einigermassen gut erreichbar ist und im Notfall Alternativrouten in jedem Fall ans Ziel führen. Mutigere schalten einen Gang höher und basteln Engpässe und Korridore ein, bei denen uns monsterverseuchte oder anderweitig problematische Geländeplättchen (wie etwa offene Felder, Friedhöfe oder Bandidtencamps) am dümmsten Ort dann tatsächlich vor Probleme stellen können.

Ich habe mir Maximum Apocalypse auf (die natürlich völlig selbstlose) Empfehlung eines Angestellten im Spieleladen meines Vertrauens hin geschnappt – ehrlich gesagt trotz einiger Vorbehalte und irgendwie halbherzig. Zu ausgetreten schien mir auf den ersten Blick die Geländeplättchenmechanik, etwas gar trashig die Monster, und Aktionskarten haben wir auch schon ein- oder zweimal gesehen. Dass uns anwesende Gegner nicht beim Suchen oder bei anderen Aktionen stören, überrascht und ist nicht ganz soooo thematisch. Das Regelheft ist angenehm kurz, zeichnet sich aber nicht gerade durch lückenlose Vollständigkeit aus.

Doch was kümmert mich mein Geschwätz von gestern: Bereits nach den ersten Partien war der Funke – trotz ursprünglicher Vorbehalte – übergesprungen, und ich muss zugeben: Die Mischung machts! Ja, die Apokalypse ist trashig (wie sollte sie sonst auch sein) und wirkliche Innovationen sind allenfalls schemenhaft auszumachen. Aber auf der anderen Seite weisen die verschiedenen Heldencharaktere mit ihren individuellen Stärken und Schwächen, die vier Monsterklassen und die Szenarien mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad einen hohen Aufforderungscharakter auf, so dass man sich den Reizen der Apokalypse nur schwerlich entziehen kann. Das Teamwork mit den anderen Überlebenden macht Spass, die Regeln sind schnell erklärt und erlauben auch Apokalypserookies einen raschen Einstieg, die kurzen Partien röcheln eindringlich nach „mehr“. Und auch, wenn ich noch lange nicht alle möglichen Kombinationen ausprobiert habe, bin ich irgendwie froh darüber, dass bereits eine Erweiterung mit zusätzlichen Monsterklassen (Vampire und… ja… Cthuluhululuhu) sowie neuen Helden im Anflug ist, die im Übrigen auch ein überarbeitetes Regelheft im Schlepptau führt.
Ich geh‘ dann mal ein Häppchen essen.
Anmerkungen:
- Die „Suchregel“ wird im neuen Regelwerk dahingehend geändert, dass ein Charakter pro Runde auf einem Geländeplättchen nur noch ein mal nach Gegenständen suchen darf.
- Die Karte „Abundance“ gilt als „Food“.
Errata: Die Missionen 4, 5 und 6 enthalten im Aufbaubeschrieb eine „Antidote“-Karte zuviel. Ein zufälliger Stapel wird deshalb um eine Karte verringert.
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