Tiefseeabenteuer: Guck mal, da unten glänzt doch wahhhhhhh…

„Tiefenrausch“ wird ein Zustand genannt, der beim Tauchen ab 30 Metern Tiefe eintreten kann und sich durch Symptome wie schwere kognitive Einschränkungen und lebensbedrohliche Euphorie äussert. Entsprechende Anlagen vermutet man bei einer Partie Deep Sea Adventure (Jun Sasaki & Goro Sasaki, Oink Games) bei sämtlichen Mitspielern von Beginn an. 

In Deep Sea Adventure verkörpern wir eine Gruppe aus bis zu sechs Unterwasser-Indiana-Jones-Verschnitten auf der Suche nach möglichst teuer verschacherbaren Schätzen der Tiefsee. Anders als der eher einzelgängerische landgestützte Kollege haben wir eine Gruppenreise gebucht und befinden uns nun im Gemeinschafts-U-Boot, irgendwo in der Nähe mehr oder weniger unermesslicher Reichtümer. Hoffentlich. Denn erst mal ist Schluss mit Pauschalreisen – ab hier ist jeder auf sich selber gestellt, um an die lohnendsten Objekte der Begierde ranzukommen. Diese liegen nämlich als verdeckte Plättchen in einer (je nach kreativem Potential mehr oder weniger hübsch geschwungenen) Reihe unter unserem Vehikel aus und sind in vier Stufen unterteilt. Leser unserer Clank-Rezension ahnen es schon: Die tiefer liegenden Objekte sind auch hier die wertvollsten!

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Die obersten Plättchen zeigen Werte von 0 (alter Gummireifen) bis 3, die nächste Stufe von 4 bis 7, die dritte Stufe von 8 bis 11, und ganz zuunterst liegen Werte von 12 bis 15 (vermutlich verschollener Picasso, Ölfarbe).

Was ist beim Tauchen relativ zentral? Richtig: Der Luftvorrat! Der stellt in diesem Fall allerdings und erstaunlicherweise erst mal überhaupt kein Problem dar. Sämtliche Taucher beziehen ihren Sauerstoff aus dem gemeinschaftlichen Gefährt, und vereinfachend wird angenommen, dass der unendlich ist. Im Prinzip! „Im Prinzip“? Im Prinzip!

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U-Boot Stopp! Die Gruppe wartet gespannt auf ihren ersten Kontakt mit der Tiefsee

Unendlich ist der Vorrat nämlich genau so lange, wie jeder Taucher ohne zusätzliche Anstrengung durch die Tiefsee paddelt. Woraus so eine Anstrengung bestehen könnte? Nun, zum Beispiel aus dem Mitschleppen von Fundobjekten. Oder… äääh… Genau genommen ist das die einzige Möglichkeit, aber die hat’s in sich!

Ein normaler Spielzug läuft wie folgt ab. Man entscheidet sich zunächst, ob man abwärts oder aufwärts planscht. Zu Beginn geht’s natürlich runter, lediglich eine (!) Richtungsänderung ist erlaubt (sprich: wer sich einmal zur Umkehr nach oben entschlossen hat, taucht ab da nicht wieder ab). Danach schmeisst man zwei Würfel, welche Zahlen von 1 bis 3 aufweisen, und zieht entsprechend in die gewählte Richtung. Die minimale Bewegung beträgt also 2 Felder, die maximale 6. Oder auch mehr! Denn in der Tiefe ist es eng – höchstens ein Taucher darf sich auf jedem Plättchen aufhalten, besetzte Plätze werden einfach übersprungen und dabei potentiell katastrophalerweise nicht mitgezählt! Aus einer gewürfelten 6 können bei 5 Spielern so bis zu 10 Felder werden, falls die Konkurrenz in Reichweite vor dem Würfelnden rumdümpelt.

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Alles im extremst grünen Bereich: Noch taucht die Truppe friedlich ‚gen Meeresboden…

So taucht man zufrieden nach und nach tiefer, betrachtet die bläulich und zunehmend vieleckiger angehauchte Umgebung, geniesst den Ausflug und freut sich auf die wartenden Reichtümer irgendwo da unten… bis… so ein habgieriger Wahnsinniger sich dazu entscheidet, herumliegendes Gerümpel einzusammeln! Das wird oft einer jener mit überschaubarem Würfeltalent gesegneten Kollegen weiter hinten sein. Dies ist auch der Moment, in dem man den entsprechenden Mitspieler besonders gern des eingangs erstgenannten Symptoms bezichtigt und sich gleichzeitig Gedanken um die eigene Luftversorgung zu machen beginnt. Denn ab jetzt hat der Fundstückschlepper in seinem Zug jeweils einen zusätzlichen Schritt zu absolvieren! Noch vor der Entscheidung zum Auf- oder Abtauchen muss er nämlich pro Plättchen in seinem Besitz den gemeinschaftlichen (!) Luftvorrat um eine Stufe (von maximal 25) verringern! Man könnte meinen, so ein einzelner Querschläger wäre nicht soooo problematisch. Stimmt auch, nur dummerweise ziehen bösartige Ignoranten schnell Nachahmer an, und schwupps, schon hat sich ein zweiter Konkurrent zum Zugriff entschieden! Ab jetzt wird der Luftvorrat pro Runde bereits durch zwei Taucher verringert! Ihr seht, wohin das führt…?

Die zweite Auswirkung mitgeschleppter Gegenstände ist aber auch nicht ohne: Das Würfelergebnis wird nämlich pro mitgeführtem Fundstück um einen Punkt reduziert! So kann ein Weg aus der Tiefe zurück laaaaaaang werden. Nicht selten kommt ein allzu beladener Taucher ein- oder gar mehrfach überhaupt nicht vom Fleck.

Verliert der Erste die Nerven, macht die ganze Brut oft mehr oder weniger panikartig kehrt und krallt sich auf dem Rückweg, was es noch zu krallen gibt – was den Luftvorrat zusätzlich belastet! Ausserdem verkürzen entfernte Plättchen nicht etwa den Weg für die Nachfolgenden. Oh nein! Sie werden nämlich durch unnütze, wertlose, runde Plättchen ersetzt, die fast (!) keinem anderen Zweck dienen, als keinerlei Abkürzungen zuzulassen. Allerdings dürfen ganz Verzweifelte, die auf so einem Teil ihre Bewegung beenden, dieses durch ein mitgeführtes Fundstück ersetzen, um dadurch die eigene Auftauchgeschwindigkeit wieder ein klein wenig zu erhöhen.

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Je nachdem wieviele Gegenstände blau mit sich führt, wird das Erreichen des Bootes eine grössere Herausforderung. Die Kollegen sind schon zur Abfahrt bereit…

Wer den gemeinschaftlichen Sauerstoffanzeiger zu Beginn seines Zuges auf Null sinken lässt, darf seine Bewegung noch ausführen und sich eventuell gerade noch so durch die schon rostig quietschende Luke quetschen – wer dann noch draussen ist… nun ja… unter U-Boot-Kapitänen gehen Geschichten um, dass man in Vollmondnächten von der Aussenwand der Boote immer wieder unerklärliche Kratzgeräusche hören soll…

Alle, die es ins Boot geschafft haben, dürfen die Zahlenseiten ihrer eroberten Plättchen nun ansehen und zur Seite legen – diese Punkte sind schon mal im Trockenen (höhö).

Insgesamt werden so drei Tauchgänge absolviert (auch verschollene Taucher kriegen eine neue Chance). Noch ausliegende runde Plättchen werden zwischen den Durchgängen allerdings entfernt, wodurch der Weg in die Tiefe immer kürzer, die dritte Runde also in der Tendenz die einträglichste wird. So ist keiner völlig aus dem Rennen, auch wenn man’s in der ersten Runde nicht bis zurück ins Boot geschafft haben sollte.

Foto 11.06.17, 13 40 09Und glaubt mir: Das Symptom der Euphorie lässt so manchen Deep Sea Adventure-Neuling nach der ersten Wasserberührung sehr schnell sein nasses Grab schaufeln. Der zu Beginn üppig erscheinende Luftvorrat verleitet zu „einmal-noch-runter“-Entscheidungen; zu gierig starrt der Jungsammler gegen den Meeresboden… Es folgt eine gewürfelte fünf, zwei Kollegen die dabei übersprungen werden, und schon sitzt er tief in der… Tiefe…

Wer es nicht bis zurück schafft, verliert im Übrigen all seine mitgeführten Gegenstände. Diese sinken, leicht in der Strömung hin und her wiegend, als Stapel aus jeweis drei Plättchen zurück auf den Meeresgrund ans Ende der ausliegenden Route. Solche Stapel können in späteren Durchgängen aufgenommen werden, zählen dann aber nur als ein (1) Gegenstand, und sind dadurch potentiell besonders wertvoll und verlockend… und soooo weit unten….

Eine Partie Deep Sea Adventure ist spannend, lässt eine Menge Stimmung aufkommen und ist in 30 Minuten gespielt – damit auch optimal für Wartephasen oder als Rausschmeisser! Das Oink-typische Schächtelchen ist enorm handlich, das Design sparsam und stilvoll, ja geradezu ein Eye-catcher. Nicht zuletzt dank seines enormen Fiesheitspotentials ist Deep Sea Adventure hiermit definitiv MUWINS-approved!

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