Kingdomino

Die „Spiel“ in Essen 2016: Kurz nach der Eröffnung der Messe stranden Yves und ich am Stand von blueorange. Kingdomino, das jüngste Kind des Verlags, liegt schon auf einem der Tische bereit und befindet sich sowieso auf meiner Wunschliste. Wir packen die Gelegenheit beim Schopf und winken auch gleich einen Erklärbären zu uns. Der Bär ist in diesem Fall eine Bärin, welche leicht nervös wirkt, weshalb wir sie mit dem Angebot beruhigen, die Erklärung doch auf Französisch durchzuführen. Trotz dieses Heimvorteils folgt nun die schlimmste Erklärung meines Brettspiellebens. Da ich schon etwas Vorkenntnisse zum Spiel habe, kann ich einigermassen erahnen, was die gute Dame mit ihren Ausführungen meint. Yves bleibt nur mit verwirrtem und ungläubigem Gesichtsausdruck auf seinem Stuhl sitzen. Ich glaube, die Erklärung hätte genauso gut in Mandarin erfolgen können. Und das liegt nicht an mangelnden Französischkenntnissen – sondern am kompletten Durcheinander.

Fairerweise müssen wir erwähnen, dass die Erklärfrau nicht für dieses Spiel zuständig gewesen wäre und wir ihre ersten Kunden waren. Aber es war auch unser erstes Spiel der Messe und wir waren darum etwas perplex. Hoffentlich läuft das nicht überall so! Ihr Kollege muss uns unsere Verwirrung wohl angesehen haben und springt ein. 3 Minuten später spielen wir los. In Wahrheit ist Kindgomino nämlich extrem simpel.

Wir legen im Spiel Dominosteine an unser Ausgangsfeld, das Schloss, an. Statt Zahlen sind aber immer zwei Landschaften auf den Steinen abgebildet. Wie bei Domino muss beim Anlegen immer mindestens eine Landschaft an eine gleiche anschliessen. Hier enden die Parallelen zum klassischen Domino aber auch schon. Statt einer langen Kette baut jeder Spieler sein eigenes Königreich (engl. „kingdom“, darum der Name „Kingdomino“) um sein Schloss herum. Die Grösse des Königreichs ist auf 5×5 Felder beschränkt, wir legen also höchstens 12 Dominosteine an. Einige Landschaftsfelder haben neben dem Landschaftstyp noch Kronen aufgedruckt. Bei Spielende werden diese Kronen mit der Anzahl der gleichen, zusammenliegenden Landschaftsfelder multipliziert. Die Summe dieser Punkte wird über Sieg oder Niederlage entscheiden. Wer ein grosses Gebiet mit der gleichen Landschaft und einigen Kronen darin zusammenbauen kann, wird wahrscheinlich die Nase vorn haben.

IMG_3298
Das grosse Waldstück besteht aus 6 Feldern mit 2 Kronen. Das sind 6×2=12 Punkte. Die beiden gelben Kornfelder, werden einzeln gewertet, weil sie nicht verbunden sind.

Um die Dominosteine zu erwerben, hat sich der Autor, Bruno Cathala, einen einfachen aber sehr gut funktionierenden Mechanismus ausgedacht. Jede Runde wird pro Spieler ein Dominostein gezogen und seinem Wert entsprechend in eine Reihe ausgelegt. Wert? Ja, je mehr Kronen ein Spielstein hat, desto wertvoller. Keine Angst, die Spieler müssen nichts ausrechnen, auf der Rückseite steht einfach eine Nummer. Tiefe Nummern sind weniger wertvolle Landschaften. Der Spieler, welcher in der letzten Runde den Dominostein mit dem tiefsten Wert gewählt hat, darf als erster einen der neuen Dominosteine auswählen. Man wählt also nicht nur die Landschaften aus, welche man an sein Königreich baut, sondern gleichzeitig auch an welcher Stelle man in der nächsten Runde an die Reihe kommt.

IMG_3297
Die Dominosteine werden ihrem Wert entsprechend geordnet. Nach dem Aufdecken der Steine wäre nun Spieler Rosa an der Reihe. Blau darf als Letzter noch nehmen was übrig bleibt.

Das führt sehr schnell zu Interessenkonflikten. Einerseits mit sich selbst, man will ja die guten Felder, aber auch möglichst früh in die nächste Runde starten, anderseits mit den Gegenspielern. Man darf bei Kingdomino auf keinen Fall nur für sich selber spielen. Es sollte immer darauf geachtet werden, was die anderen am Tisch so sammeln. Falls sich die Gelegenheit bietet, kann man ihnen mal gehörig einen Strich durch die Rechnung machen. Meist kriegt man eine Rückmeldung, wenn man einen Zug gemacht hat, welcher den Gegenspieler stört. Das kann von Stöhnen über sichtliches Enervieren bis zu üblen Verwünschungen gegen die eigene Person gehen. Nur bei ganz schlechten Menschen erzeugen solche Geschehnisse positive Gefühle. Falls es Leser geben sollte, denen das so geht, dürfen diese gerne einmal bei uns vorbeischauen. Wir sind in diesen Belangen eine Art Selbsthilfegruppe…

IMG_3303
Wir (Rosa) sind am Zug, weil wir in der letzten Runde den König auf den obersten Dominostein gelegt haben. Rechts unser bisheriges Königreich. Den aktuellen Stein (Wald mit Krone und Kornfeld) werden wir als nächsten einsetzten müssen. Wir könnten danach den Wald mit dem Kornfeld und der Mühle (Krone) wählen, das würde wunderbar an den oberen Teil des Königreichs passen. In der nächsten Runde wären wir immerhin als Zweiter an der Reihe. Wir haben aber auch schon ein recht grosses Wasserfeld, leider noch ohne Krone und darum noch nichts wert. Also doch lieber das Wasserfeld mit der Krone auswählen? Dafür wären wir aber nachher am Schluss der Runde dran. Jetzt vielleicht noch rasch einen Blick auf die Königreiche unserer Gegenspieler riskieren, ist Blau nicht verdächtig still und angespannt…?

Da die Wahlmöglichkeiten pro Zug sehr beschränkt sind und das Ansetzen der frisch erworbenen Dominosteine ins eigene Königreich gleichzeitig passiert, wird niemand am Tisch lange warten müssen. Kingdomino spielt sich darum sehr zügig und eine Partie zu viert dauert höchstens 20 Minuten. Bei vier Spielern werden alle 48 Dominosteine verwendet und dank einer Übersicht auf der Regelrückseite weiss man so, wie viele Kronen von welchen Gebieten noch kommen werden. Das ermöglicht etwas Planung. Bei zwei oder drei Spielern werden einige Dominosteine aussortiert und wer Pech hat, wartet vielleicht vergeblich auf eine bestimmte Krone.

IMG_3299
Pech gehabt, schlecht geplant? Auf den gelben Feldern hat es keine Kronen, darum gibts auch keine Punkte. Ausserdem konnte hier der letzte Dominostein nicht angelegt werden. Je nach Variante kann mit dem fertiggebauten Königreich noch ein Bonus eingestrichen werden – oder eben nicht.

Aus diesem Grund gefällt mir Kingdomino zu viert am besten. Aber egal welche Spielerzahl: Kingdomino ist einfach zu erlernen, kurz und bietet trotzdem genug Tiefgang. Es ist eines der Spiele, welches ich uneingeschränkt empfehlen würde. Wer in seinen Runden auch mal kürzere und einfachere Spiele auftischt, darf hier gerne zugreifen. Orakelmodus on: Das Spiel wird sicher hier oder da eine Auszeichnung erhalten oder auf Empfehlungslisten sein. Verdient wäre das auf jeden Fall.

4 comments

  1. Schöner Bericht! Mit allen Punkten einverstanden ausser: Kingdomino gewinnt den Preis „Spiel des Jahres“ und ist nicht nur auf der Auswahlsliste…

Kommentar verfassen