Zulus on the Ramparts

4’000 Zulukrieger auf den Hügeln nahe der Missionsstation Rorke’s Drift schlagen ihre Speere gegen ihre Schilder. Mythische Gesänge erschallen in der unerträglichen Hitze der südafrikanischen Wüste, die Luft ist elektrisch aufgeladen, der Zulu-Prinz erhebt seine mächtige Stimme. Worte, die an uns gerichtet sind, Worte, die wir nicht verstehen, die uns aber erschaudern lassen. Werde ich mit meinen 150 Kameraden diesen bevorstehenden Angriff überleben? Oder werde ich meine Heimat nie mehr wiedersehen?

Reverend Otto Witt: Death waits you! You have made a covenant with death, and with Hell you are in agreement. You’re all going to die! Don’t you realize? Can’t you see? You’re all going to die! Die! Death awaits you all! (Zulu, 1964)

Zulus on the Ramparts, erschienen 2009 im Verlag Victory Point Games als Teil der „States of Siege Reihe“, behandelt die Belagerung der englischen Station Rorke’s Drift. Wir spielen solo und versuchen den Ansturm der Zulukrieger zu überleben.

„States of Siege Games“: Mit „Israel Independence“ hat alles angefangen. Der neue Staat Israel wird von allen Seiten her angegriffen. Dein Ziel als Solo-Spieler ist das nackte Überleben. Dies bedeutet, dass alle Karten gespielt und abgehandelt werden müssen. Falls gegnerische Truppen deinen Verteidigungsring durchbrechen, hast du das Spiel verloren. Auf Israel folgten weitere Teile der „States of Siege“-Reihe, mit jeweils anderen Settings. Immer ist es jedoch ein Karten-Solospiel, wir müssen uns gegen eine Übermacht an Gegnern wehren und leider verlieren wir häufiger als wir gewinnen.

Das Ziel ist nicht die Zerschlagung aller Zulueinheiten, sondern das nackte Überleben meiner Truppen. Ich muss „lediglich“ bis am nächsten Morgen den Gegner zurükschlagen (die damalige Schlacht dauerte ziemlich genau einen Tag, inklusive Gefechten während der Nacht). Unser Nachrichtendienst hat uns mitgeteilt, dass zum Frühstück Verstärkung eintrifft.

Lieutenant Gonville Bromhead: Sixty! We dropped at least 60, wouldn’t you say? Adendorff: That leaves only 3,940. (Zulu, 1964)

Als Oberbefehlshaber über die Truppen setze ich meine Soldaten und deren Vorgesetze gezielt ein, erteile Schiessbefehle und verstärke unsere Verteidigungslinien.

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Es gibt Personen- und Angriffskarten: Dabei werden Soldaten des damaligen Gefechts präsentiert.

Zulueinheiten greifen uns aus vier Richtungen an. Zu Anfang jeder Runde ziehe ich einen klitzekleinen Marker. Dieser zeigt mir an, welche gegnerische Truppen vorrücken. Sobald die Zulukrieger meine Barrikaden überrannt haben, gilt die Schlacht als verloren.

In meiner eigenen Phase befehlige ich meine Untergebenen: Beordere sie an geeignete Verteidigungsstellen, organisiere Wasser und Munition, erteile Schiess- oder Nahkampfbefehle oder verbessere die Barrikaden.

Jeder meiner Soldaten weist eigene Spezialfähigkeiten auf. Da ich ausserordentliche Kenntnisse im Bereich der Personalführung besitze, setze ich diese natürlich gezielt und der Kampfsituation angepasst ein. Zudem ist jeder meiner Gefährten zu einer heroischen, letzten Tat bereit: In Anbetracht einer Übermacht an Zulukriegern am östlichen Tor greift sich Private Alfred Henry Hook sein Gewehr, fixiert sein Bajonett und stürzt sich wütend auf die Horden der Gegner. Mit diesem finalen Akt rettet er seine Kameraden und schlägt für ein Erstes die Zulus zurück.

Meinen Gegner bekämpfe ich mit der Hilfe von Schiessbefehlen. Je nach Distanz und je nach Befehl treffen meine Truppen zielsicherer, d.h. ich würfle zwischen 1 und 6 mal. Bei einer 6 vernichte ich eine Einheit des Gegners, bei einer 5 flüchten diese um ein Feld. Wie bei jedem anderen Wargame kommen vereinzelt noch Würfelmodifikationen hinzu: überhitzte Waffen, Wasserknappheit, Gefechte in der Nacht, besondere Motivation durch die Vorgesetzten…

Bromhead: At one hundred yards! Volley fire, present! Aim! Fire! (Zulu, 1964) – Bild Schiessbefehl

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Zulus on the Ramparts kommt in der üblichen Victory Point Games Aufmachung daher. Verschmutzte Finger inklusive…

Damit hätten wir die Grundregeln schon durch. In den ersten Partien musste ich häufig das Regelheft zur Hilfe nehmen. Es gibt einige spezielle Marker, die gezogen werden, und Karten, die einzigartige Ereignisse auslösen. So bete ich inbrünstig, dass die Zulukrieger eines meiner Gebäude in Brand setzen. Dies stellt sicher, dass ich meinen Gegner auch in der Dunkelheit sehe. Oder ich hoffe, dass mein Gegner sein Ritual „Washing of the Spears“ abhält: Dazu zieht er sich zurück und preist seine Götter. Ich komme zur Ruhe und kann problemlos meinen kalten Tee trinken.

Ich finde Zulus on the Ramparts toll. Während den ersten Runden sieht die Schlacht um Rorke’s Drift wie ein Kindergeburtstag aus. Ich verbessere die Barrikaden sowie die Verteidigungslinie beim Spital, verteile Wasser und Munition. Leider habe ich in dieser Zeit nicht gemerkt, dass sich die Zulukrieger leise und zielstrebig angeschlichen haben. Dummerweise haben sich meine Vorgesetzten genau jetzt zu einer internen Aussprache getroffen: Ich habe keine Ansprechpartner mehr, die Verteidigung weist erste Lücken auf. Die östliche Flanke des Gegners ist auf Grund der Verzögerung nur noch 10 Meter von ihrem Sieg entfernt. Ich befehle einen Bajonettangriff, setze 4 Würfel ein, nichts… in der Verzweiflung stürmt Color Sergeant Frank Bourne nach vorne, verhindert den Vormarsch, gibt aber sein Leben für unsere Königin und unser Vaterland.

Heikle und spannende Situation gibt es zuhauf. Ich spüre förmlich den Atem der Zulukrieger, werde mit jeder Runde nervöser und verfluche fast jeden Würfelwurf. Zugleich leide ich mit meinen Soldaten und versuche, jeden von ihnen heil nach Hause zu bringen. Das Schicksal meiner Kameraden wird zu einer persönlichen Angelegenheit und ich bin jedes Mal erschüttert, wenn auch nur ein Einzelner ins Gras beisst. Keine Partie ist ein Spaziergang. Daher meine Tipps für euch: Verstärkt zu Beginn die inneren Barrikaden und sammelt Nahkampfbefehle. Ein weiteres Plus des Spiels ist die kurze Aufbau- und Spielzeit. Nach jeder Partie folgen bei mir einige Revanchen. Einziger Nachteil ist die ungewöhnliche Aufmachung, welche bereits Beni in seinem Review (High Treason) angesprochen hat. Gerne dürft ihr vor eurer ersten Partie den gleichnamigen Film Zulus aus dem Jahre 1964 anschauen. Er stammt aus der Schwarz-Weiss-Zeit. Beni mag ihn sehr. Da ich mit Emerich und Scott aufgewachsen bin, kommen für meinen Geschmack zu wenig Explosionen und Spezialeffekte vor…

Für diesen Kampf wurden elf Briten mit dem Victoriakreuz, der höchsten Auszeichnung Großbritanniens für überragende Tapferkeit im Angesicht des Feindes, ausgezeichnet. Dies ist die größte Anzahl von Victoriakreuzen, die je für Kämpfe an einem Tag verliehen wurde.

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