Interview mit Mattox Shuler von Keymaster Games folgt am Ende des Artikels.
Party-Spiele haben es nicht einfach. Spätestens nach dem Erfolg von Secret Hitler liegt zumindest in unserer Gruppe die Messlatte für derartige Titel ziemlich hoch. Neue „Grossgruppen“-Spiele kommen kaum mehr auf den Tisch. Ein Glück, dass Campy Creatures nicht mehr als fünf Kontrahenten zulässt und somit nicht direkt mit unserem oben erwähnten Favoriten konkurriert. Denn optisch kann das Kickstarter-Projekt durchaus überzeugen, aber wie sieht es spielerisch aus…?
Eine Hommage an die Horrorfilm-Szene
Auch wenn bei der aktuellen Print’n’Play Version von Campy Creatures einige definitive Designs fehlen – das Spiel ist dennoch ein Hingucker. Die neun Kreaturen, die den Spielern zur Verfügung stehen, um Sterbliche zu fangen (aber dazu später mehr), könnten allesamt aus einem Jahrzehnte alten Horrorfilmklassiker stammen. So erinnern beispielsweise der Blob und der Invisible Man an die gleichnamigen Filme aus dem Jahr 1958 beziehungsweise 1966.
Diese bereits etablierten Monster machen das Spiel auf den ersten Blick sehr attraktiv und auch für jedermann zugänglich. In dieser Beziehung ist der Plan der Designer von Keymaster Games durchaus aufgegangen:
„Part of what we want for Keymaster is to have games where the theme or art style might be a bit unexpected in the board game world. The idea for theme came before the game mechanics in this case. I love the posters of old creature features. The type on them carries so much personality and the style of illustration just gets me.“
– Mattox Shuler, Keymaster Games
Schöne Karten machen aber ein Spiel noch lange nicht gut. Bietet Campy Creatures mehr als neun posterreife Monster? Finden wir heraus, wofür man diese Monster überhaupt braucht…
Über Deduktion und Bluffen…
Das Spielerlebnis in Campy Creatures erinnert stark an Libertalia – und zwar versuchen zwei bis fünf verrückte Wissenschaftler, die wertvollsten menschlichen Versuchskaninchen zu fangen. Den Spielern stehen hierfür neun verschiedene Monster zur Verfügung (siehe oben). Jeder wählt verdeckt ein Monster aus und schickt dieses in den „Entführungs-Kampf“. Die Monster sind mit einem gewissen Mass an Stärke und verschiedenen Spezialfähigkeiten ausgestattet, die sich gegenseitig schwächen, verbessern oder ausschalten. Nachdem alle Monster ihre Superkräfte eingesetzt haben, nehmen die Wissenschaftler der Reihe nach Versuchskaninchen an sich, beginnend mit demjenigen mit dem stärksten Monster.
Alle Wissenschaftler wissen stets, wer noch welche Monster im Arsenal hat und welche Monster bereits eingesetzt wurden. Bluffen wird daher zur Hauptaktivität in Campy Creatures:
„I enjoy the fun that comes of out ‚Choose which cup contains poison‘ style bluffing game. With those things in mind, the goal was to offer an easily approachable, quick-paced, portable game in that genre. What I believe makes our gameplay unique from the others mentioned here are the counters available to players—Campy’s card system is built really strictly around those 9 cards with what counters what because of the perfect information players have.“
– Mattox Shuler, Keymaster Games
Campy Creatues spielt sich so schnell wie es erklärt wird. Die Funktionsweisen der neun Monsterkarten hat man sofort intus, und auch die möglichen Interaktionen zwischen den Monstern sind schnell bekannt – viel mehr braucht es für das Spiel auch nicht. Es wurde auf das Wichtigste reduziert – was dem Spiel aber leider nicht nur gut tut…
Ein Party-Spiel zu zweit?
Was das Spiel mit seinem Design bietet, fehlt ihm leider an Tiefgang. So schnell man die Monster auch verinnerlicht, so schnell sind sie wieder vergessen. Die Spezialfähigkeiten der Monster beeinflussen zwar tatsächlich manchmal, wer welches Versuchskaninchen erhält, dies aber meist eher zufällig. Sie sind zu wenig ausgeklügelt, um tatsächlich spannende oder fiese Gefechte zu garantieren.
Dies ist in einer Partie zu fünft weitaus am schlimmsten, da sich fast nichts kontrollieren lässt. Egal wie clever man spielt, einer der vier Mitspieler funkt immer – meist unbewusst – dazwischen. Dies vor allem auch, weil mit lediglich neun Karten wenig Spielraum vorhanden ist und fast immer zumindest zwei gleiche Karten gespielt werden – und dann entscheidet tatsächlich das Los. Das Spiel fühlt sich somit chaotisch und willkürlich an. Tatsächlich hat in unserer Gruppe am Schluss auch derjenige gewonnen, der all seine Monsterkarten rein zufällig gespielt hat… An dieser Stelle nochmals Gratulation, Shotgun Pete!

Zum Glück legten die Designer aber einen gewissen Wert auf die Zwei-Spieler-Variante von Campy Creatures:
„Another main goal was to make the player experience great for all player counts. Something you’ll find is the two player experience is often not recommended or included among those simultaneous-selection games mentioned. Because we really enjoy solid two-player bluffing games […] we wanted to see how they could inform gameplay decisions with lower player count in Campy.“
– Mattox Shuler, Keymaster Games
Tatsächlich spielt sich das Spiel zu zweit anders – das Chaos ist vollkommen verschwunden, das Spiel wird tatsächlich taktisch. Es entwickelt sich zu einem richtigen Bluff-Spiel, in dem der Gegner auch wirklich gezielt ausgetrickst werden kann. Immer wieder entsteht Spannung dahingehend, was jetzt das Gegenüber wohl spielen wird, wie man diesen Plan vereiteln kann und wann man welche Karte spielen sollte.
Damit wir uns richtig verstehen: Campy Creatures ist kein brillantes Zweier-Spiel – aber es hätte als reines Zweier-Spiel herausgegeben werden können, und wahrscheinlich würde sich niemand beschweren.
Das muss man nicht „backen“
Campy Creatues ist ein Kickstarter-Projekt, das man durchaus von seiner Liste streichen und kommentarlos vorübergehen lassen kann. Wer dem Ganzen dennoch eine Chance geben will, tut gut daran, sich an der Print’n’Play Version zu versuchen. Dies kann aber nur für die Zweier-Version empfohlen werden, die zumindest ein paar Minuten Spass mit sich bringt. Sitzen mehr Leute am Tisch, artet das Spiel aber zu schnell aus und wird zu willkürlich.
Die Kickstarter-Kampagne von Campy Creatures läuft noch bis zum 7. März 2017 und ist HIER zudem auch als Print’n’Play Version erhätlich.
Interview mit Mattox Shuler von Keymaster Games
Campy Creatures is after Control the second card game from Keymaster Games. How did the idea of this role selection / party card game emerge?
We actually began making Campy a little ways before Control. It has evolved significantly over that time (some ideas from Control helped make it) and was really quite boring at first. Originally, players were capturing Mortals in different locations and each player would take a turn summoning a creature with an ability to capture from the Mortals available. There were summon costs and different creature types, and it was all a bit too convoluted without the needed quick-burst of fun. […]
It is the second card game. Are (smaller) card games easier to successfully develop than (heavier) board games? And why do you stick with card games?
The gameplay feels a lot like Libertalia, but is much lighter and faster-paced. Was that the goal from the beginning – to create a party-version of Libertalia?
The design of Campy Creatures plays a huge part – the game looks amazing (even though some of the artworks are not quite done for the moment). The theming with the creatures (blob, invisible man, werewolf, invader and so on) reminds us of different horror movies from the 80’s and 90’s – a theme that is not often seen in board games. This cannot be a coincidence?
It is your second kickstarted card game. Kickstarter is a powerful tool for independent developers and publishers such as Keymaster Games – but it also puts a lot of pressure on them if the campaign ends up way more successful than anticipated. How did you observe the campaigning, which is still going on for a couple of days?