Freunde, Römer, Wargamer

Gnaeus Pompeius Magnus galt als grosser Heerführer. Vielleicht wäre er heute sogar als grösster Feldherr Roms überhaupt bekannt – hätte ihm da nicht einer zünftig vor der Sonne gestanden…

Auf Ansätze, die zwischen klassischen Eurogames und klassischen Wargames eine Brücke schlagen können (nein, dazu gehören diverse Plastikorgien explizit NICHT – nicht alles, in dem gekämpft wird, ist ein Wargame!), habe ich schon hingewiesen (ich würde mich selber als „Hybrid“ bezeichnen). Neben dem seit einigen Jahren alles überstrahlenden COIN-System gehören dazu auch  Blockgames. Insbesondere das fantastische Sekigahara erwähnen wir in diesem Zusammenhang gern, oft und – in aller Bescheidenheit – absolut zu recht.

Columbia Games ist ein Verlag, an dem in Sachen Blockgames kein Weg vorbei führt! In diesem Haus werden seit Jahrzehnten derartige Spiele mit historischem Hintergrund entwickelt – von einsteigerfreundlichen Titeln wie War of 1812 über etwas anspruchsvollere wie das fantastische Hammer of the Scots, bis hin zu komplexeren Cosims wie Eastfront oder Rommel in the Desert. In den letzten Jahren wurden zunehmend auch Familienspiele ins Programm aufgenommen.

Julius Caesar von Tom Dalgliesh und Justin Thompson ist vergleichsweise im unteren Komplexitätsbereich angesiedelt und auch für Einsteiger gut geeignet. Es gehört zur gleichen Familie wie Hammer of the Scots, sprich: Viele Mechanismen funktionieren identisch oder zumindest sehr ähnlich. Aber genug der Worte, nun lasst Daten folgen! Schauen wir doch, nach einem Minimum an Erklärungen, einfach in eine Partie hinein…

Am 7. Januar 49 v.u.Z. (11.38 Uhr) erhielt Pompeius vom römischen Senat den Auftrag, Rom gegen die anrückenden Truppen Caesars zu verteidigen. 4 Tage später überschritt dieser den Rubikon, was das Römische Reich endgültig in einen Bürgerkrieg stürzte.

Das Spielfeld zeigt den gesamten Mittelmeerraum, die Startaufstellung der Truppen ist historischen Gegebenheiten zumindest nachempfunden (braun für Caesar, grün für Pompeius). Pompeius befindet sich bei Ausbruch des Krieges im Süden Italiens. Er weiss, dass seine Streitkräfte vor Ort zu schwach sind, um Rom zu beschützen. Die Hauptmacht seines Heeres steht in Spanien, Ägypten ist besetzt, dessen Truppen sind aber alles andere als loyal. Sogar unter den Offizieren seiner Legionen stösst der historische Pompeius auf unerwarteten Widerstand: Es wird befürchtet, dass von einem zu mächtigen Oberbefehlshaber eine Gefahr für die Republik ausgehe.

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Caesar marschiert gen Rom; Pompeius‘ Legionen sind im ganzen Mittelmeerraum verstreut.

Verlassen wir nun also schrittweise die Geschichte und tauchen ein in ein Alternativuniversum, nämlich in die Auseinandersetzung zwischen…

…Caesannah und Benpeius…

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Die Ausgangslage in Italien.

Benpeius befindet sich mit seiner I. Legion weit südlich von Rom in Neapel. Er verfügt über eine Flotte sowie eine zweite Legion (III) im östlich gelegenen Brundisium. Weitere Truppen sind am südlichen Mittelmeer stationiert – zu weit, um in nützlicher Frist Einfluss auf den Schauplatz um Rom nehmen zu können.

Ziel des Spiels ist es, durch die Kontrolle von Städten und gegebenenfalls Gefangennahme (oder so…)  gegnerischer Generäle 10 Siegpunkte zu erreichen. Zu Beginn der Partie steht es 7:0 für Benpeius. Die Last der Offensive liegt folglich bei Caesannah…

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Caesannah marschiert in Rom ein.

… deren Legionen wie erwartet sofort in Rom einmarschieren. Benpeius hört die Schmährufe des Volkes bis nach Neapel. Allerdings könnten es auch Möwen gewesen sein…

Caesannahs Kräfte sind seiner einzelnen schlagkräftigen Legion weit überlegen, eine direkte Konfrontation wäre hier enorm suboptimal. Allerdings…

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Benpeius‘ Handkarten.

… hält Benpeius mindestens einen Trumpf in der Hand. Die Sonderkarte „Mars“ erlaubt einen starken Überraschungsangriff. Nein, nicht gegen Rom, das befindet sich für den Moment fest in Caesannahs eiserner Hand – eine einzelne gewonnene Schlacht würde hier keinen längerfristig haltbaren Fortschritt bedeuten.

In Spanien erfolgt der Angriff! Dort sind die Kräfte ebenbürtig, ein Durchbruch würde bedeuten, dass Caesannah ihre Truppen um Rom teilen müsste, um der neuen Gefahr aus dem Westen zu begegnen.

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Benpeius‘ Legionen marschieren also nordwärts – bei Tarraco kommt es zum Zusammenstoss!

Bei Kämpfen werden die beteiligten Einheiten offen gelegt, jede Armee hat (Geometrie sei Dank) bis zu vier Stufen, die den Seiten der Klötzchen entsprechen. Wird eine Armee geschwächt, dreht man sie entsprechend im Uhrzeigersinn; die Seite, die nach oben zeigt, steht für die aktuelle Stärke einer Einheit.

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Nach schweren Verlusten ziehen sich die kümmerlichen Überreste in Richtung Carthago Nova zurück. Das ging schief für Benpeius. Aber so was von….

Rasch zeigt sich, dass Benpeius‘ Legionen den Caesannah’schen Horden trotz Überraschungsangriff nicht gewachsen sind (Gallischer Zaubertrank?). Auf jeden Fall wollen die Alea nicht wirklich toll iacten. Kämpfe werden zwar durch Würfeln ausgetragen, allerdings spielt die Zusammensetzung der Truppen eine entscheidende Rolle. Jede Einheit verfügt über einen Initiativwert (z.B. „C2“), der über die Reihenfolge der Aktivierung sowie die Treffsicherheit entscheidet. Einheiten mit hoher Initiative können dem Gegner Schaden zufügen, bevor der den ersten Sch… das erste Pilum schmeissen kann…
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Praktisch im Gegenzug überqueren Caesannah’sche Truppen den Bosporus in Richtung Ancyra. Dort steht Scipio, Benpeius‘ Lieblingsgeneral, glücklicherweise bereit, jeglichen unerwünschten Besuch abzuwehren. Zu diesem Zeitpunkt geht Benpeius nach wie vor davon aus, dass sich Caesannah in Rom vom Stress der Siegesfeiern erholt…

Entsprechend siegessicher stellt Scipio die Eindringlinge bei Eusebia- es kommt zum Kampf!

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Doch das sind keine Söldnerbanden mit Neigung zum übermässigen Alkoholkonsum, sondern Caesannah selber, unterstützt durch die römischen 13. und 21. Legionen sowie schweres Kriegsgerät! Scipio ist der legendären Feldherrin weit unterlegen – mit lediglich der 34. Legion und angeschlagenen Hilfstruppen hat er nicht wirklich eine Chance. Nach schweren Verlusten zieht er sich bis nach Antiochia zurück.

jc_scipiodeathDoch Caesannah rückt nach, und Scipio ist nicht mehr…

Immerhin: Inzwischen konnte Benpeius eine Seeschlacht vor der Südküste Italiens für sich entscheiden. Er benötigt nun rasch einen weiteren Sieg, um das Momentum zurück auf seine Seite zu zwingen. Er landet in Süditalien und marschiert gegen Rom.

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Da sich Caesannah ja auf dem Weg nach Ägypten befindet, kann die Verteidigung Roms eigentlich nur aus den notorisch partygängerischen Truppen des Mark Anton bestehen – die vorgelagerte Linie dürfte kein grösseres Problem darstellen…

… oder doch…?

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Benpeius‘ Truppen werden auch hier vollständig aufgerieben, er selber kann kurz darauf gerade noch so nach Messana flüchten.
Der römische Bürgerkrieg ist damit de facto entschieden. Der Landweg nach Alexandria ist offen, immerhin dürfte es mangels Schiffen noch eine Weile dauern, bis Caesannah vor dessen Toren eintrifft.
jc_cleopatraDiese Zeit nutzt Brutus, um in der Stadt eine allerletzte Verteidigungslinie zu errichten. Im Hintergrund die heranrückenden Horden Caesannahs.
Kaum sind halbwegs als solche interpretierbare Verteidigungsvorkehrungen getroffen…
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… macht ein Vulkanausbruch diese endgültig zunichte (im Fall von Alexandria wäre wohl eine Epidemie thematischer – funktioniert aber letzendlich genauso). Auch Alexandria fällt und damit…
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… endet der römische Bürgerkrieg mit dem blamablen Ergebnis von 13 zu 1. Benpeius‘ Verluste waren einfach zu hoch, eine stabile Verteidigung nicht mehr möglich. Ausserdem ist er eine Flasche.

Veni, vidi, vici (Caesannah)

I’ll be back! (Benpeius)

Julius Caesar umgeht elegant einige Einstiegsprobleme in dieses Genre: Die Regeln umfassen gerade einmal 8 Seiten (inklusive Beispielen, Szenariobeschreibung und Erläuterungen der Grundmechanismen, die sich in vielen anderen Titeln des Verlags wiederfinden) und sind einfach zu erlernen. Das Material ist ansprechend gestaltet, die Holzklötzchen angenehm zu handhaben – einziges Manko ist das viel zu klein geratene Spielfeld. Schade, aber gerade so auszuhalten.

Wer mit Wargames noch keine Erfahrung hat, erhält mit Julius Caesar einen Einblick in einige Stärken dieses Genres: Das Geschehen ist thematisch verankert, eine Partie wird primär durch die Kontrolle von Städten gewonnen, was wiederum nur durch Erfolge im Feld und geschicktes Manövrieren zu erreichen ist. Das richtige Mass an Chaos (durch die Spezialkarten) bringt überraschende Wendungen, was mit dazu führt, dass trotz der Kürze und Zugänglichkeit des Spiels eine spannende, plausible Geschichte vermittelt wird.

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